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Mietpreisbremse auch in der Region?

Kommt die Mietpreisbremse oder kommt sie nicht? Für ganz Hessen scheint sie unausweichlich. Die schwarz-grüne Landesregierung hat ihre Absicht erklärt, diese seit dem Sommer bestehende rechtliche Möglichkeit zu nutzen. Ursprünglich war der 1. Oktober als Beginn vorgesehen. Derzeit heißt es aus dem zuständigen Umweltministerium, dass kein Datum feststeht, es aber noch in diesem Jahr so weit sein wird. „Dann wird sich die spannende Frage stellen, in welchen Kommunen die Mietpreisbremse tatsächlich angewendet wird“, sagt der Steinbacher Makler Benjamin Weber.

 

Für Oberursel wird es knapp

 

Denn die Regelung wird keineswegs überall gelten, sondern nur in Städten, die die Landesregierung dafür vorsieht. Dies werden, wie aus Regierungskreisen verlautet, in Hessen rund 15 sein. Sicher wird Frankfurt dabei sein, das bundesweit zu den Kommunen mit den am schnellsten steigenden Mieten gehört, außerdem wohl Wiesbaden, Kassel, Darmstadt und Offenbach, aber auch Bad Homburg. Spannend wird es für Oberursel, das nach der Einwohnerzahl Platz 13 der hessischen Städte einnimmt. Geht das Land also strikt nach Größe vor, käme Oberursel für die Mietpreisbremse in Frage.

Betrachtet man dagegen die fachliche Seite, hat Immobilienfachmann Weber Zweifel. „In Oberursel, aber auch in den umliegenden Gemeinden und Stadtteilen wie Steinbach, Ober- und Nieder-Eschbach oder Harheim, haben wir eine sehr normale, moderate Mietpreisentwicklung“, unterstreicht er. Einen staatlichen Eingriff durch die Mietpreisbremse, wie man ihn in der Frankfurter Innenstadt vielleicht noch diskutieren könnte, sieht er zumindest für sein Arbeitsgebiet nordwestlich der City als unnötig an. Zwar gebe es auch teure Lagen und stellenweise deutliche Miet- und Preissteigerungen. „Aber wir haben hier eben große Markt-Bandbreite mit vielen Kategorien und mit einer breit aufgestellten Bewohnerschaft. Es finden sich also neben hochpreisigen Miet- und Kaufobjekten immer wieder auch solche, die für Menschen mit normalem oder kleinem Einkommen erschwinglich sind“, sagt Weber. Regelmäßig gelingt es ihm, auch für Kunden mit schmalem Geldbeutel bezahlbare Mietwohnungen zu finden.

 

Es gibt noch günstige Wohnungen

 

Statt der Mietpreisbremse hält Benjamin Weber verstärkte Neubauaktivitäten für sinnvoll, um das Angebot zu erhöhen und damit Preisanstiegen entgegenzuwirken. Gerade in Oberursel gibt es derzeit mehrere Neubauprojekte, beispielsweise am alten Hallenbad. „Da sind die Bauträger schon hinter her und sehr aktiv. Allerdings fällt es ihnen oft schwer, Grundstücke zu finden“, berichtet er aus der Branche. Zwar bemühe sich die Stadtverwaltung, neue Flächen zu erschließen, ähnlich wie die Kollegen in den Nachbarkommunen, aber das ist in einer dicht besiedelten Region wie dem Rhein-Main-Gebiet nicht so einfach. „Dazu kommt noch, dass die Kommunen eine leistungsfähige und ansprechende Infrastruktur beispielsweise bei der Straßengestaltung sicherstellen müssen. Das kostet Zeit und Geld, aber insgesamt tun die Kommunen in der Region, und insbesondere Oberursel, viel für Wohnraum und für Wohngebiete mit gutem Flair“, lautet Benjamin Webers Urteil zur Wohnungspolitik in der Region.

 

Entscheidung bis zum Jahresende

Ob das alles reicht, um die Mietpreisbremse für die Region abzuwenden, wird sich wohl in den verbleibenden Wochen des Jahres 2015 entscheiden. Falls die Bremse kommt, sind die Folgen klar: Bei Neuvermietungen darf der Mietzins maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausgenommen sind Neubauwohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, und solche, die gerade erst tiefgreifend renoviert wurden. Außerdem darf niemand zu Mietsenkungen gezwungen werden. Hat also der Vormieter bereits mehr als 110 Prozent der aktuellen ortsüblichen Vergleichsmiete gezahlt, darf diese Summe auch weiter verlangt werden.

Bloß keine Fehler bei der Mieterhöhung

Alle Welt spricht von der Mietpreisbremse. Dabei gilt sie nur in einigen Ballungsgebieten und nur für neu gebaute oder tiefgreifend renovierte Wohnungen. „Häufiger geht es im Alltag um die angemessene Miethöhe in Bestandswohnungen und damit um eventuelle Mieterhöhungen“, sagt der Steinbacher Hausverwalter Hans-Jürgen Weber.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, was überhaupt angemessen ist. Einen Anhaltspunkt können Immobilienanzeigen mit vergleichbaren Objekten aus der Region bieten. „Der Aussagewert ist für Laien allerdings begrenzt“, gibt Weber zu bedenken. Auch scheinbar ähnliche Immobilien können sich in Ausstattung, Modernisierungsstand, Lage oder Zuschnitt so weit unterscheiden, dass die aufgerufenen Mieten nicht mehr vergleichbar sind. Wo es sie gibt, bieten qualifizierte Mietspiegel mehr Genauigkeit. Die beste Einschätzung gelingt üblicherweise erfahrenen Hausverwaltern, Maklern oder qualifizierten Sachverständigen.

Immer in Schriftform

„Grundsätzlich rate ich dazu, moderat vorzugehen, wenn sich tatsächlich herausstellt, dass die Miete unter dem ortsüblichen Stand liegt“, sagt Weber. „Auf Dauer ergibt es wenig Sinn, einen zuverlässig zahlenden Bestandsmieter, der die Wohnung pfleglich behandelt, durch eine Mieterhöhung zu vergraulen und Leerstand zu riskieren oder Nachmieter mit schlechter Zahlungsmoral zu bekommen.“

Wenn eine Mieterhöhung angemessen erscheint, muss der Vermieter bestimmte Regeln einhalten: Eine Mieterhöhung muss schriftlich mitgeteilt werden und darf nur vollzogen werden, wenn der Mieter zustimmt. Das Schreiben muss an alle Personen gehen, die im Mietvertrag als Mieter genannt sind, muss die Wohnung exakt benennen und klar verständlich zur Zustimmung auffordern. „Wer den Anschein erweckt, die Mieterhöhung sei schon beschlossene Sache und kein Widerspruch möglich, setzt sich ins Unrecht, und die Erhöhung wird sofort unwirksam“, warnt Weber.

Ortsübliche Vergleichsmiete

Eine Mieterhöhung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die aktuelle Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Dass dem so ist, muss der Vermieter in seinem Anschreiben klar belegen. Dazu dienen beispielsweise Mietspiegel, Vergleichsobjekte oder Gutachten. Diese Beweise müssen dem Mieter verständlich dargelegt werden.

Selbst mit schlagkräftigen Belegen darf die Erhöhung nicht grenzenlos ausfallen. Erstens müssen seit dem Einzug oder der letzten Mieterhöhung 15 Monate vergangen sein. Zweitens darf die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent steigen, auch wenn sie dann immer noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete bliebt. Für Bad Homburg, Friedrichsdorf und Kronberg wurde diese „Kappungsgrenze“ sogar auf 15 Prozent abgesenkt.

Sonderkündigungsrecht

Nach dem Monat, in dem die Mieterhöhung verkündet wird, hat der Mieter zwei Monate Zeit für eine Zustimmung oder eine begründete Ablehnung. Als Zustimmung gilt bereits die kommentarlose Überweisung des höheren Mietzinses. „Die dritte Möglichkeit ist die Kündigung des Mietvertrags. Denn eine angekündigte Mieterhöhung löst ein Sonderkündigungsrecht aus“, erklärt Hans-Jürgen Weber. Ohne Grund darf der Mieter nicht einfach ablehnen. Kommt es zur Ablehnung oder bleibt die Antwort des Mieters aus, kann der Vermieter die Mieterhöhung einklagen. Allerdings muss die Klage innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Widerspruchsfrist erfolgen.

Gesonderte Regeln gelten bei einer Modernisierung. Wurde dadurch Wohnwert oder Energieeffizienz deutlich erhöht, darf die Jahresmiete um bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten steigen. Der Vermieter muss aber eine Kostenrechnung vorlegen, die genau darstellt, welches Gewerk der Bauarbeiten wie viel gekostet hat, und gegebenenfalls die Kosten auf die einzelnen Wohneinheiten umlegt. „Ein Sonderkündigungsrecht für den Mieter entsteht auch in diesem Fall“, ergänzt Hans-Jürgen Weber, der solche Modernisierungs-Abrechnungen schon mehrfach erstellt hat.

Mietspiegel: Marktbeobachtung mit Schwachstellen

Mietspiegel sind in aller Munde, seitdem im Mai das Amtsgericht in Berlin-Charlottenburg den Berliner Mietspiegel von 2013 für wissenschaftlich nicht haltbar erklärt hat. „Das Urteil alleine braucht hiesige Mieter und Vermieter aber nicht in Unruhe zu versetzen“, beruhigt der Steinbacher Hausverwalter und Immobilien-Sachverständige Hans-Jürgen Weber. „Die bundesweite Debatte ergibt sich in Zusammenhang mit der Mietpreisbremse, und die gilt vorerst nur in Berlin und bald in Hamburg.“

„Dennoch sollte man sich grundsätzlich mit dem Instrument des Mietspiegels auseinandersetzen“, rät Weber. Mietspiegel entstehen auf der Grundlage einer statistischen Erhebung von Wohnungsmieten, die meist mit Fragebögen bei den Vermietern abgefragt werden. Dazu kommen Faktoren wie Baujahr und Renovierungsstand des Hauses, Mikrolage, Infrastruktur der Umgebung und Wohnungsausstattung. Am Ende stehen Listen mit Quadratmeterpreisen für bestimmte Wohnquartiere und Qualitätsstufen, in die noch weitere, im Mietspiegel vorhandene Faktoren eingerechnet werden. „Nach der reinen Lehre kann man dann als Mieter, Vermieter oder Wohnungsinteressent anhand des Mietspiegel-Werkzeugkastens ein Profil zusammenstellen, das genau einer realen Wohnung passt. Daraus lässt sich ablesen, wie der aktuelle oder verlangte Mietzins im Vergleich zum Gesamtniveau steht“, beschreibt Hans-Jürgen Weber das Vorgehen.

Mathematische Feinheiten

In der Realität haben Mietspiegel aber ihre Tücken. Da wäre zunächst die Erfassung der Daten: Es ist fraglich, wie viele Vermieter Fragebögen zurückschicken und wie groß damit die Stichprobenmenge für einen bestimmten Immobilientyp wird. „Wenn man in einem Stadtteil nur eine Handvoll Objekte im großformatigen Geschosswohnungsbau hat und sich davon nur wenige Vermieter an der Umfrage beteiligen, dann wirken sich Preis-Ausreißer nach unten und oben extrem aus und die Aussagekraft des Mietspiegels ist in diesem Segment begrenzt“, nennt Weber ein Beispiel für die Schwächen des Verfahrens. Überhaupt spielen in die Statistik mathematische Feinheiten herein, die das Ergebnis beeinflussen und für Laien schwer zu durchschauen sind. Solche mathematische Fragen waren auch der Hintergrund für die gerichtliche Ablehnung des Berliner Mietspiegels.

„Außerdem muss man zwischen qualifizierten und nicht qualifizierten Mietspiegeln unterscheiden“, nennt Hans-Jürgen Weber einen weiteren Aspekt. Bei qualifizierten Mietspiegeln sind die Vorgaben für die wissenschaftliche Aufstellung sehr streng. Außerdem werden sie von den örtlichen Mieter- und Vermieterverbänden sowie von der Kommune offiziell bestätigt. Diese „politische“ Komponente soll sicherstellen, dass keine der Parteien benachteiligt wird.

 

Gutachten als Alternative

Außerhalb von Großstädten sind Mietspiegel insgesamt eine Ausnahmeerscheinung. Nur ein Fünftel der Städte zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern verfügt über einen qualifizierten Mietspiegel, gut die Hälfte von ihnen immerhin über einen einfachen. Bei noch kleineren Gemeinden sind Mietspiegel nahezu unbekannt. „Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Steinbach und Oberursel ebenso wenig über einen Mietspiegel verfügen wie die Kreisstadt Bad Homburg“, berichtet Hans-Jürgen Weber. Als Alternative können Mieter und Vermieter versuchen, sich anhand von Angebotsanzeigen einen Überblick über das Mietniveau zu machen. Das ist aber mühsam und für Laien fehleranfällig. „Die bessere Variante ist es, sich an Fachleute zu wenden“, sagt Weber. Er selbst ist öffentlich bestellter Gutachter für Immobilien. Damit hat er die nötige Ausbildung und durch seine tägliche Arbeit ausreichend Marktübersicht, um fundiert angemessene Mieten für individuelle Immobilien nennen zu können. Außerdem stehen er und seine Kollegen unter der ständigen Aufsicht der Industrie- und Handelskammer, die ihre Sachkunde überprüft.

Mietpreisbremse: Was Vermieter wissen müssen

Lange und kontrovers wurde über sie diskutiert, im März hat der Bundestag sie abgesegnet: die Mietpreisbremse. Noch sind die entsprechenden Änderungen im Paragraf 556 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in Kraft, aber es fehlt nur noch die Veröffentlichung im Bundesanzeiger als Formsache. Voraussichtlich zum 1. Juni wird die Mietpreisbremse Gültigkeit erlangen.

„Nachdem die Debatten von Politikern und Lobbyisten von verschiedener Seite abgeklungen sind, ist es jetzt an der Zeit, sich nüchtern mit dem Faktenkern der Mietpreisbremse auseinanderzusetzen“, sagt der Steinbacher Makler Benjamin Weber. Denn die Neuregelung kann jeden Vermieter treffen – egal ob Großkonzern mit zehntausenden Wohneinheiten oder privater Vermieter mit lediglich einem einzigen Objekt.

 

Höchstens zehn Prozent mehr

Die zentrale Neuerung ist vergleichsweise einfach: Bei Bestandsimmobilien darf die Miete dort, wo die Mietpreisbremse gilt, bei einer Neuvermietung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete für die jeweilige Immobilien-Kategorie liegen. Für die Ermittlung der Vergleichsmiete müssen anerkannten Verfahren herangezogen werden, beispielsweise ein qualifizierter Mietspiegel, falls in der Region vorhanden, oder ein gutachterlicher Vergleich mit dafür geeigneten Wohnungen oder Häusern.

„Von der Zehn-Prozent-Regelung gibt es aber zahlreiche Ausnahmen“, betont Benjamin Weber. „Die wichtigste: Die Mietpreisbremse gilt keineswegs flächendeckend.“ Der Bundestag hat nämlich in diesem ganz speziellen Fall die Regierungen der Bundesländer dazu ermächtigt, Gebiete festzulegen, in denen die Mietpreisbremse gelten soll. Im restlichen Gebiet des jeweiligen Bundeslands findet sie keine Anwendung. Die Länder haben damit bis 2020 Zeit, aber zumindest in Hessen wird es wohl erheblich schneller gehen. Nach Informationen der FAZ will das zuständige Landes-Umweltministerium noch in diesem Jahr Preisbremse-Zonen festlegen. Derzeit laufen im Ministerium Untersuchungen zum Mietgefüge in der Fläche des Bundeslandes, auf deren Grundlage die Festlegung erfolgen soll. In Hessen gilt übrigens seit rund einem Jahr eine eigene, landesseitige Mietpreisbremse mit etwas anderen Bestimmungen. Betroffen sind 23 Städte, darunter Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt, im Hochtaunuskreis Bad Homburg, Friedrichsdorf und Kronberg. Ob die Zonen für die „neue“ Mietpreisbremse auf Grundlage von Paragraf 556 BGB deckungsgleich mit den bisherigen sein werden, steht noch nicht fest.

 

Ausnahme bei Neubau und Renovierung

„Doch selbst in ihren geografischen Geltungsbereichen ist nicht jeder Vermieter der Mietpreisbremse unterworfen“, sagt Benjamin Weber. Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt werden, dürfen zu höheren Preisen vermietet werden. Das gilt ebenfalls nach einer grundlegenden Renovierung von Wohnraum, auch wenn dieser erheblich älter ist und möglicherweise schon vorher vermietet war.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber eine weitere Sicherung für die Einkünfte von Vermietern eingezogen: Wenn bisher eine Miete gezahlt wurde, die über dem Zehn-Prozent-plus-Niveau lag, kann diese auch in Zukunft von einem Nachmieter verlangt werden. „Niemand kann gezwungen werden, einen einmal gezahlten Mietzins zu reduzieren – auch nicht nach einer Neuvermietung der Wohnung“, fasst Benjamin Weber zusammen.

Neben der reinen Begrenzung des Mitniveaus verlangt der Gesetzgeber in Mietpreisbremsen-Gebieten in Zukunft auch mehr Transparenz: Der Vermieter muss dem Mieter Auskunft darüber geben, wie er auf seine Preisvorstellung kommt, und das Einhalten des Höchstniveaus nachweisen. Das kann beispielsweise durch die Vorlage des qualifizierten Mietspiegels oder eines Gutachtens geschehen.